Die erste Quelle ist der Koran, das unmittelbar offenbarte Wort Gottes“, verdeutlichte Dziri den Stellenwert dieses heiligen Buches für Muslime. Als zweite Quelle der vom Propheten Mohammed gestifteten Religion nannte er den Hadith, die Überlieferung prophetischer Handlungen und Aussagen, das mittelbare Wort. Grundpflichten für jeden Muslim seien die fünf Säulen des Islam: islamisches Glaubensbekenntnis, fünfmaliges Gebet, Almosensteuer, Fasten im Ramadan und Pilgerfahrt nach Mekka.
„Die Gottesvorstellung im Islam ist dem des Christentums relativ nah“, erklärte Dziri, allerdings ohne den Glauben der Christen an die Trinität (Wesens-Einheit von Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist). „Im arabischen Kulturraum benutzen auch Christen den Namen Allah“, so der Wissenschaftler, er sei das arabische Wort für Gott.
Dziri ging auch auf die Bedeutung der Scharia ein, die im Koran als Anleitung zu einem gottgefälligen Leben steht und auf die sich das islamische Strafrecht gründet. Er ist sich sicher, dass die harten Strafen den Gläubigen die Schwere von Vergehen deutlich machen sollen. Ob diese jedoch zwingend auch verhängt werden müssten, sei auch bei Muslimen umstritten. Der Koran schreibe das nicht ausdrücklich vor.
Zum Thema „Islam im Dialog“ erinnerte Amir Dziri daran, dass zwar die meisten Muslime im asiatischen Raum leben, in Deutschland es aber auch gut vier Millionen Menschen seien (5 Prozent der Bevölkerung). Bis 2030 werde ein Zuwachs von gut zwei Prozent erwartet. „Der Islam wird eine europäische Spielart entwickeln, die sich den geografischen und zeitlichen Umständen anpasst, aber das Wesen des Islam und dessen Erkennbarkeit erhält“, ist sich der junge Wissenschaftler sicher.
Dass es bei europäischen Muslimen auch Strömungen gibt, die sehr stark ablehnend, absondernd und sogar gewaltverherrlichend sind, verhehlte er nicht. „Differenzierung ist wichtig“, betonte Dziri. Reflexion, Revision, Hinterfragen und eigenes Infragestellen schaffe Verständnis und in Bezug auf den Glauben, Gewissheit.
„Die Multioptionsgesellschaft überlastet viele“, bedauerte er. Außerdem sorgten soziale und kulturelle Probleme dafür, dass Extremismus gefördert werde und das nicht nur bei Muslimen, sondern etwa auch bei Rechtsextremisten. Den Weg zu einem europäischen, kultivierten Islam zu fördern und praktisch zu leben, sieht Amir Dziri als Aufgabe und Chance. „Aber es wird heikel. Es wurde vieles falsch gemacht.“ Das Problem sei, dass viele Muslime nicht islamisch handelten, sondern kulturell geprägt seien. Als Beispiel nannte er die Ehrenmorde, von denen nichts im Koran stehe.
Als wichtigen Schritt in geordnete Bahnen bezeichnete er den Religionsunterricht für Muslime an den Schulen durch ausgebildete Religionslehrer. „Ein Unterschied wie Tag und Nacht zu dem, was es vorher gab.“ Der bisherige Unterricht sei häufig von selbst ernannten Imamen erteilt worden, die auch ihre persönlichen Werte weitergegeben hätten.
In der Diskussion zum Miteinander zwischen Christen und Muslimen riet er den Anwesenden von Verbindungen zu islamistischen Gruppen ab. „Nehmen sie Kontakt zu den Muslimen in ihrer Nachbarschaft auf, die die ‚gleiche Sprache‘ wie sie sprechen“, empfahl Amir Dziri. Das könne dann eine gute Bereicherung für alle werden.
Bilder von Peter Schulte
Herr Amir Dziri hat uns freundlicherweise sein Manusskript zur Verfügung gestellt: